Werbung wird immer schwieriger und auch Influencer-Formate, die eher über den Hintereingang ins Bewusstsein der Zielgruppen finden sollen, verlieren ihre Wirkung in den Zielgruppen. Wie verheerend die Performance vieler Werbeschaltungen ist, sieht man an den fallenden Interaktionsraten auf Facebook: War im Jahr 2017 die durchschnittliche Interaktion mit Posts von werbenden Unternehmen noch bei 0,16 Prozent, so halbierte sich diese 2018 auf 0,08 Prozent.
Will man seine Zielgruppe heute effektiv erreichen und deren Interesse erwecken, wird die passende Konzeption von Creative, Zeit und Raum für die Schaltung immer wichtiger. Das gilt besonders für Mobile Ads, denen Kunden im Prinzip den ganzen Tag über kaum entkommen können und dadurch auch schnell nerven können, wenn man sich nicht kreativ genug die technischen Möglichkeiten bei der Entwicklung nutzt.
Die Relevanz von Raum und Zeit
Aki Technologies hat im November 2018 eine Umfrage in den Vereinigten Staaten mit 1.000 Teilnehmern durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen, dass Erwachsene besonders während dem Konsum von Medieninhalten auf dem Fernseher parallel zum Mobiltelefon greifen und dort nebenbei mobile Inhalte anschauen, so auch Werbung. 59 Prozent der Befragten gaben an, beim Fernsehgucken zugänglich für Mobile Advertising zu sein. Weitere 51 Prozent sagten, sie seien für Werbung besonders im Bett zugänglich, kurz vor dem Schlafen gehen.
Die Ergebnisse verstreuen sich dabei auf die unterschiedlichen Generationen von den Babyboomern, über die Generation X und die Millennials bis hin zur Generation Z (alle nach 2000 Geborenen). Hier zeigt sich das unterschiedliche Mediennutzungsverhalten der Generationen und die Relevanz von Raum und Zeit. Dabei rezipieren gerade die Millennials besonders häufig Mobile Ads während des Fernsehguckens: Diese Gruppe liegt mit 7 Prozent über dem Durchschnittswert. Noch wichtiger ist aber das große Potential der Generation Z, die mit dem Konsum von mobilen Inhalten im Bett vor dem Schlafen gehen mit 22 Prozent weit über dem Durchschnitt liegen.
Der zweite Bildschirm
Seit Jahren prophezeien die Marketingweisen eine steigende Relevanz des Second Screen, also einer parallelen Nutzung des Smartphones zum TV: Twittern beim Tatort ist eine Art geflügeltes Wort dafür geworden. Dabei ist der zweite Bildschirm eine Ausweichinstanz für Medienangebote. Beim abendlichen Fernsehangebot geht es heute weniger darum, aufmerksam Fernsehinhalte zu konsumieren, es geht um ein soziales Gefühl, das Surren im Hintergrund. Spätestens wenn der Flow des Fernsehangebotes durch Werbeblöcke unterbrochen wird, greifen die Nutzer zum zweiten Bildschirm und sind hier bereit, individuell passende Werbung anzuschauen – das zeigt die Langzeitstudie von ARD und ZDF zur Mediennutzungaus dem Jahr 2017.
Ist die Studie von Aki Technologies besonders repräsentativ für den amerikanischen Markt, so zeigt die Langzeitstudie der öffentlich-rechtlichen Fernsehsender, dass in Deutschland 92 Prozent der Fernsehzuschauer ihr Smartphone oder einen anderen zweiten Bildschirm verwenden. Bezogen auf die Dauer, sind das mehr 13 Prozent der Zeit vor dem Fernseher, die deutsche Nutzer auch parallel online verbringen. Zudem besonders spannend: Parallel zur TV-Primetime von 20 bis 23 Uhr herrscht auch im E-Commerce die Primetime. In dieser Zeit geben Verbraucher 69 Prozent mehr Geld pro Stunde aus als im Tagesschnitt, so eine allerdings schon etwas ältere IntelliAd-Studie.
Die Lehren für Marketers und Werber
Was alle Kommunikationsprofis davon lernen sollten ist, dass Werbung immer mehr gefiltert und selektiert wird: Natürlich hat eine Person, die den ganzen Tag mit dem Smartphone arbeitet und noch viele andere Dinge zu tun hat, keine Zeit und keine Nerven, sich aufwändige Medieninhalte anzuschauen: ausser diese sind kreativ und technisch anspruchsvoll umgesetzt. Es schalten hier einfach Selbstschutz- und Energiesparmechanismen im Gehirn und der Psyche des Medienkonsumenten. Am Abend vor dem Fernseher setzt dann Entspannung ein, Konsumenten sind wieder offen für Medienangebote und damit auch für Werbung.
Allerdings muss sich Werbung auch auf diese Nutzungsorte und Nutzungsverhalten einstellen. Eine Person, die im Bett liegt, möchte von Werbung nicht angeschrien werden – die Gestaltung des Contents muss der Nutzungszeit angemessen sein und dem Nutzer Spaß machen. „Die Menschen, die wir mit Werbebotschaften beliefern, wollen wir nicht mit langweiligen, statischen Werbemitteln belästigen. Unser Credo ist es vielmehr, wirklich nur animierte, coole Werbemittel, die die Leute bewegen und interessieren, zu bauen: „Only engaging Ads!“, sagt bam!-Geschäftsführer Mustafa Mussa.
Auch müssen sich Werbungtreibende im Klaren sein, dass klassische Fernsehwerbung zusehends durch den Second Screen umgangen wird. Das heißt für Werbende, dass sie anfangen müssen, die Werbeschaltung vom großem TV-Bildschirm mit digitaler Werbung zu kombinieren. Eine Idee ist hier die synchrone Schaltung von Mobile Ads passend zu den Interessen der Zuschauer einer Sendung und zeitgenau über die Werbeblöcke des Fernsehangebotes gelegt.
Fazit: Verändertes Mediennutzungsverhalten
Die menschliche Evolution ist eng mit der Entwicklung unserer Technologie verknüpft und so auch mit der Entwicklung der Medien. Man könnte nun argwöhnen, dass der Trend in Richtung Feierabendnutzung von Medieninhalten geht, sowohl bei den großen Bildschirmen als auch mobil. Betrachtet man, wie komplex unsere mediale Umwelt im Alltag geworden ist, ist das nicht verwunderlich.
Die Schlussfolgerung, die aus den Studien gezogen werden kann, ist, dass nichts so bleibt wie es ist. Unternehmen und Marken müssen nun also entscheiden, wie sie diesen Trend interpretieren. Berücksichtigt man ihn, bedeutet das, dass die Märkte für Anzeigenschaltung in den Abendstunden ein Wachstum erwarten und die Preise für Anzeigen steigen werden. Es bedeutet aber auch, dass Marken gezielt gegen diesen Trend kommunizieren und andere Nischen in der Anzeigenschaltung entdecken können.